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Jetzt im Sommer ist Badezeit am See. Gerne gehen wir zum Klausenhorn zwischen Dingelsdorf und Wallhausen, um uns im kühlen Nass zu erfrischen. Steinig und schlammig weich ist dort der Untergrund, flach der Uferbereich. Weit muss man rauslaufen, um richtig schwimmen zu können. Lange ist uns nicht bewusst, an was für einer geschichtsträchtigen Stelle wir hier unsere Sommernachmittage verbringen.

Im Dingelsdorfer Rathaus beginnen wir zu begreifen. Wir lesen die Geschichte von Herbert Gieβ, einer aus Wallhausen, der seit Kindesbeinen an, am Ufer erstaunliche Entdeckungen macht. In dem feinen Schlamm findet er Pfeilspitzen, Äxte, Messer – alle aus Stein. Scherben von Tongefässen, die aus dem hiesigen Lehm gebrannt sind, zum Teil mit einfachen Ornamenten dekoriert. Was er dort findet, sind Zeugnisse der Pfahlbausiedlungen, die es vor 6000 Jahren rund um den Untersee gab, so auch zwischen Wallhausen und Litzelstetten.
Im Jahr 2009 wurde unter Leitung von Elisabeth v. Gleichenstein, langjährige Leiterin des Konstanzer Rosgartenmuseums, der «Pfahlbauverein Dingelsdorf e.V.» gegründet, der nicht nur die Ausstellung im Rathaus auf die Beine gestellt hat, sondern auch ein erstaunliches Jahresprogramm anbietet, darunter auch ein jährlich stattfindendes Steinzeit-Dinner. Wir waren am letzten Juni-Samstag dabei.

Geboten wurde eine Zeitreise in die Steinzeit. Wir trafen uns am späten Nachmittag in Dingelsdorf. Nach einer lockeren Einführung in die Zeit der Pfahlbausiedlungen am Bodensee, erklärte Herbert Gieβ, gelernter Küchenchef, uns zunächst die Zutaten, die den Bewohnern der Pfahlbauten zur Verfügung standen darunter Emmer, Dinkel, Hirse, Bohnen, Rauchfleisch und Gemüse.
Gekocht haben wir in Tontöpfen, die mit hiesigem Lehm nach dem Vorbild von originalen Töpfen getöpfert wurden. Auf dem offenen Feuer brodelte darin unser Eintopf, während wir in Kräuterkunde unterrichtet wurden. Mit Steinmessern hackten wir die Wiesenkräuter fein, frisch über den Eintopf gestreut, gaben sie das I-Tüpfelchen. Vom Grill wurden wir mit zartesten Stücken vom heimischen Reh verwöhnt. Als Dessert gab es Beeren und Nüsse in einer Quarkcreme, gesüsst mit Wabenhonig – was für ein Genuss.
In der Steinzeit hat man wohl nie ein solches Festmahl in der Üppigkeit geniessen können. Und doch fühlen wir uns sehr in diese Zeit versetzt, essen mit Holzlöffeln aus schwarzen Tonschüsseln. Unsere Gespräche kreisen um das Leben am See, wir reden vom Fischen, Jagen und Sammeln und erfahren viel über die Geschichte unserer Heimat, die wir zum Greifen nah erleben, und über das grosse Engagement des Pfahlbauvereins. Hier wird mit fachlicher Kompetenz und persönlichem Einsatz Kulturvermittlung im besten Sinne für alle Generationen gelebt und angeboten. Die nächsten Termine habe ich mir gleich im Kalender notiert:

Freitag, 21. Juli 2023, 18.30 Uhr: Eröffnung der Sonderausstellung: Glanzvolle Zeit, Bronze verändert die Welt. Vortrag von Peter Walter, Archäologe und Kurator des Pfahlbaumuseums Unteruhldingen. Mehr informationen

Ab Samstag, 22. Juli 2023: Sonderausstellung: Glanzvolle Zeit, Bronze verändert die Welt

Samstag, 29. Juli: Töpfern wie in der Steinzeit, Anmeldung erforderlich, Plätze beschränkt.

Und unbedingt das Steinzeit-Dinner schon für nächsten Sommer vormerken. Alle kommenden Veranstaltungen ansehen

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